Schwetzingen: Music and Traces of Intercultural and Interreligious Entanglement from the Past
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Über Jahre arbeitete ich neben meinem Studium für die Schwetzinger SWR Festspiele und durfte dort unzählige tolle Konzerte miterleben und vor allem Künstler der klassischen Musik aus der ganzen Welt begleiten. So hart die Festivalarbeit ist, war es sicherlich der schönste Arbeitsplatz meines bisherigen Berufslebens. Unvergessen bleibt mir beispielsweise, wie der geniale Grigory Sokolov stets ein A8-Heft und einen Bleistift mit sich führte, um jeden einzelnen seiner Gedanken festzuhalten – und sei es nur der Weg vom Bahnhof in das schöne Schwetzinger Schloss, den er sich minutiös skizzierte. Das kleine Schloss wurde vor allem von Kurfürst Karl-Theodor im 18. Jahrhundert zur Sommerresidenz ausgebaut. Der Schwetzinger Schlosspark ist ein eigener Kosmos voller Überraschungen, gestaltet durch Nicolas de Pigage und Friedrich Ludwig von Sckell. Zweiterer hat übrigens später den Englischen Garten in München gestaltet, als Karl-Theodor in die Wittelsbacher Blutlinie einspringen musste. Kurfürst Karl-Theodor musste daraufhin seine Residenz nach München verlegen – widerwillig, denn er wollte eigentlich nur in seinem Schwetzinger Kleinod bleiben.
Der Schwetzinger Schlosspark drückt in seiner ganzen Gestaltung im Sinne der damaligen aufklärerischen Stimmung eine Toleranz gegenüber den Religionen und Kulturen der Welt aus. Da ist beispielsweise die rote Moschee: ein Monument des Respekts, das zeigt, wie damals teilweise mit Ehrfurcht in den fernen Osten geblickt wurde – eine damalige Ode an die mit "dem Orient" assoziierte Wissenschaft. Die Moschee wurde nie geweiht, dennoch zeitweise für islamische Gottesdienste genutzt, beispielsweise von Kriegsgefangenen aus dem Maghreb nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Nach der Befreiung im Zweiten Weltkrieg nutzten die Amerikaner die Moschee für Jazzkonzerte.
2015 veranstalteten wir teamintern informell ein kleines Konzert im Jagdsaal des Schlosses, wo selbst Wolfgang Amadeus Mozart schon konzertiert hat (Mozart, aka Wolferl, hatte sich eine Festanstellung am Hof des Kurfürsten erhofft, denn die heute zumeist vergessene Mannheimer Schule war mit die Avantgarde der damaligen europäischen Musikwelt – Spoiler: Er hat den Job nicht bekommen...). Hier ein Snippet von damals mit einem eigenen Arrangement für Cello und Gitarre: "Summertime" aus "Porgy and Bess" von George Gershwin. Am Cello mein guter Freund Jonas, der inzwischen (wie Karl-Theodor) auch in München lebt! <3
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ENG
For years, I worked alongside my Bachelors and Masters for the Schwetzinger SWR Festspiele, where I had the privilege of experiencing countless wonderful concerts and, above all, work with classical music artists from all over the world. Despite the hard reality of festival work, it was certainly the most beautiful workplace of my professional life so far. An unforgettable memory is how the brilliant Grigory Sokolov always carried an A8 notebook and a pencil to capture every single one of his thoughts – even if it was just the path from the train station to the beautiful Schwetzinger Palace, which he meticulously sketched. The small Palace of Schwetzingen was primarily expanded by Elector Karl-Theodor in the 18th century to serve as a summer residence. The Schwetzinger Palace Park is a universe full of surprises, designed by Nicolas de Pigage and Friedrich Ludwig von Sckell. By the way, Sckell later designed the English Garden in Munich when Karl-Theodor had to join the Wittelsbach bloodline. Karl-Theodor was then forced to relocate his residence to Munich – reluctantly, as he actually only wanted to stay in his Schwetzinger pearl.
The Schwetzinger Palace Garden, in its entire design, reflects the Enlightenment spirit of tolerance towards the religions and cultures of the world. Take, for example, the red mosque: a monument of respect, which shows how, back then, the Far East was looked upon with reverence – a contemporary ode to the science associated with "the Orient". The mosque was never consecrated, yet it was temporarily used for Islamic worships, for instance by prisoners of war from the Maghreb after the Franco-Prussian War of 1870/71. After the liberation in World War II, the Americans used the mosque for jazz concerts.
In 2015, we organized a small internal informal concert in one of the castle's concert halls, the so called "hunting hall", where even Wolfgang Amadeus Mozart had performed (back then Mozart, aka Wolferl, had hoped for a permanent position at the court, as the now mostly forgotten Mannheim School was then the avant-garde of the European music world – spoiler: he didn't get the job...). Here is a snippet from back then with my own arrangement for cello and guitar: "Summertime" from "Porgy and Bess" by George Gershwin. On cello is my dear friend Jonas, who now also lives in Munich (like Karl-Theodor)! <3
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